Corona-Rundbrief Nr. 13 / Mitglieder-Informationen (15.04.2020)

Corona-Rundbrief Nr. 13

 

Liebe Mitglieder des Kulturrats NRW, liebe Kultur-Verantwortliche,

am Ostersamstag haben wir in den sozialen Medien zur Situation der Hilfsprogramme in NRW Stellung genommen. Wir bringen den Text hier im ersten Abschnitt noch einmal, da er verschiedentlich nachgefragt wurde:

Shutdown der Hilfsprogramme in NRW: Der Kulturrat NRW drängt auf neue Hilfen für Künstlerinnen und Künstler

Die Künstlerinnen und Künstler Nordrhein-Westfalens sind von der Corona-Krise und von dem mit ihr zusammenhängenden Veranstaltungsverbot existenzbedrohend betroffen. Viele haben sehr ernste finanzielle Sorgen. Das Land NRW begegnete den wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise mit zwei Förderprogrammen, die für Künstlerinnen und Künstler zugänglich waren:

Das Kulturministerium lobte eine Soforthilfe über die Bezirksregierungen aus, die mit fünf Millionen Euro etatisiert war. Das Wirtschaftsministerium schuf den Künstlern einen Zugang zur „NRW Soforthilfe 2020“, mit dem sie ihre Lebenshaltungskosten in das Programm einbringen konnten. Beide Programme sind derzeit stillgelegt.

Das Programm des Kulturministeriums ist finanziell erschöpft und nach wie vor überaus nachgefragt, das Programm des Wirtschaftsministeriums musste aufgrund übernommener Bundesrichtlinien so verändert werden, dass Künstler keine Lebenshaltungskosten mehr einbringen konnten. Das Programm kann, wenn es hoffentlich bald wieder fortgesetzt werden wird, diesen Personenkreis nicht mehr erreichen.

Damit bleibt den Künstlerinnen und Künstlern nur noch der Gang zu den Jobcentern, die mit der besonderen Situation der Künstler ohne feste Anstellung nur wenig vertraut sind.

Seitens des Kulturrats NRW protestieren wir energisch gegen diesen Zustand. Unverzüglich muss die Landesregierung mit einem neuen und ersetzenden Hilfsprogramm reagieren. Wir sind mit allen relevanten Ressorts der Landesregierung im Gespräch. Wir unterstützen sie in ihrem Bemühen, das Sofortprogramm auch für Künstlerinnen und Künstler wieder zu öffnen und ggfs. NRW-spezifische Ersatzlösungen zu finden. Das Land Baden-Württemberg könnte dafür ein Beispiel sein.— (Diese Erklärung haben wir am Ostersamstag abgegeben.)

 

Zum aktuellen Stand in Sachen Corona-Hilfen haben wir heute folgendes zu vermelden:

Minister Pinkwart ist weiterhin auf der Suche nach einem Kompromiss, der die Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten von Solo-Selbständigen im Soforthilfe-Programm des Wirtschaftsministeriums wieder zulässt. Nachdem das Programm wegen Betrugsvorfällen kurze Zeit ausgesetzt ist, sollen ab kommenden Freitag wieder Anträge möglich sein. Gleichwohl braucht NRW für die Kultur einen eigenen Weg der Hilfe. Wir warten mit drängender Ungeduld darauf.

 

Beratungs-Hotline für Künstler*innen

Das Beratungskonzept wurde bei der Bezirksregierung Köln als Pilotprojekt beantragt. Es handelt sich dabei um ein verschlanktes Konzept, das die Einrichtung einer Hotline vorsieht, die von zwei Beratern für zunächst vier Wochen bis 20. Mai getragen wird. Die Beratung übernehmen Personen mit langjähriger Erfahrung im Kultur- und Förderbereich. Modell ist das Angebot der Landesverbände Soziokultur Niedersachsen, denen seit 1991 fünf halbe Berater*innenstellen zur Verfügung stehen. Ebenso hat Rheinland-Pfalz ein zweiköpfiges Kulturberater-Team. In der Krise wurde es bereits zwei Mal von Kulturminister Konrad Wolf unterstützt, der selbst zum Hörer griff. Diese Modelle nach dem „Hausarztprinzip“ sollen auf NRW übertragen werden. Angeboten wird eine Beratungshotline, in der erste Fragen beantwortet werden können. Weiterreichende Fragen werden an Fachstellen weitergeleitet. Die telefonischen Beratungen widmen sich folgenden Schwerpunkten:
1. Beratung zu finanziellen Soforthilfeprogrammen/Entlastungen.
2. Corona-Krisenberatung zur Vorsorge von negativen finanziellen Konsequenzen (Projektförderung, Fundraising, Rechtsberatung)

Dieses sehr verschlankte Programm kann nur ein Anfang sein. Nach zwei Wochen werden wir eine Zwischenbilanz vorlegen. Wir hoffen, dass das Land sich einer erweiterten Beratung öffnet. Der Beratungsbedarf ist außerordentlich hoch. Wir leisten durch unser Programm nicht nur eine Hilfe für unsere Mitglieder, sondern entlasten auch das Land, das ebenfalls einer Fülle von Nachfragen ausgesetzt ist. Mit unserer ganzen Tätigkeit wollen wir aufklären und vermitteln.

 

Kommunen

Der Städtetag hat eine Stellungnahme veröffentlicht, aus der wir vor allem auf zwei Punkte verweisen möchten:
1. Die Kommunen bekennen sich gemeinsam mit Bund und Land zu Ihrer Verantwortung für die Stützung der kulturellen Infrastruktur vor Ort. Zahlreiche kommunale kulturelle Einrichtungen stehen vor ungelösten finanziellen und organisatorischen Problemen, die bewältigt werden müssen. Die Kommunen unterstützen die freie und private kulturelle Szene subsidiär dort, wo andere Hilfsprogramme nicht greifen. Es werden Fördermittel fortgezahlt, Raummieten erlassen oder gestundet, Ausfallhonorare gezahlt oder neue Leistungen entwickelt und gefördert.

2. Die Städte und Gemeinden benötigen einen kommunalen Rettungsschirm, um die mit der Krise verbundenen erheblichen Einnahmeverluste und Aufwendungen bewältigen zu können. Dies gilt insbesondere für finanzschwache Kommunen, die keinerlei finanziellen Spielraum haben. Das von der Landesregierung geplante „Kommunalschutzpaket“ ist ein guter Ansatz. Allerdings fehlt bisher jegliche Konkretisierung hinsichtlich des Volumens und der vorgesehenen Maßnahmen. Die Städte erwarten konkrete finanzielle Hilfen, die sie sofort und unbürokratisch einsetzen können.

Sorgen bereiten die zur Zeit ausgesprochenen oder sich anbahnenden Haushaltssperren. Wie zum Beispiel in Essen. Gibt es weitere Fälle?

 

Landesregierung

Wir erwarten von der NRW-Landesregierung eine stärkere und transparente Koordinierung der einzelnen Ressorts in Sachen Corona-Hilfe, also auch mit dem Heimatministerium. Bei allen öffentlichen Diskussionen über die Zukunft der Notmaßnahmen kommt auf Landesebene die Kultur nur am Rande vor, wenn überhaupt.

 

Landes-Parlament

Der Kulturrat-NRW wird sich mit den kulturpolitischen Sprechern des Landes in Verbindung setzen, um über die aktuell drängenden Fragen der Künstler*innen zu beraten. In Zeiten des Kontaktverbots sind die gängigen und bewährten Kommunikationswege gekappt, so dass wir uns um Wege der Ersatz-Kommunikation bemühen, wie zum Beispiel Telefonkonferenzen.

 

Bundesregierung

Der Kulturrat NRW fordert auch von der Bundesregierung, dass die Künstler*innen in den Soforthilfe-Maßnahmen berücksichtigt werden. Es braucht dringend ein starkes Engagement des Bundes. Der Widerstand des Bundesfinanzministers gegen die Einbeziehung der Künstler in die Soforthilfe muss gebrochen werden. Zusammen mit dem Deutschen Kulturrat sagen wir: Notwendig ist ein temporärer Kulturnothilfefonds, der sich aus den vorhandenen Mitteln durchaus finanzieren lässt. Wer kämpft im Bundestag  für die Kultur?  Der zuständige Ausschuss, die zuständige Staatsministerin oder die Bundeskanzlerin als zuständige Ressortministerin? Die Bundesregierung muss einsehen, dass etwa Jobcenter und Grundsicherung nicht für Künstlerinnen und Künstler geeignet sind, weil Jobcenter diese Art von Beschäftigung in der Regel nicht kennen.

 

Mit herzlichen Grüßen
Gerhart Baum
Vorsitzender des Kulturrats NRW

 

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