Corona-Rundbrief Nr. 14 / Mitglieder-Informationen (17.04.2020)

Corona-Rundbrief Nr. 14

Liebe Mitglieder des Kulturrats NRW, liebe Kultur-Verantwortliche,

zum Ende dieser Woche melden wir uns mit den neuesten Entwicklungen und aktuellen Initiativen in Sachen Corona-Hilfen:

„Künstler sind systemrelevant“
Kultureinrichtungen sind keine Wirtschaftsunternehmen, die Bundesregierung muss Verantwortung übernehmen. Ein Appell von Gerhart Baum an die Bundeskanzlerin im heutigen Tagesspiegel.
In Kürze: Die Soforthilfe des Bundes umfasst die freischaffenden Künstler nicht. Das ist ein Versäumnis. Mehr noch, die Bundesregierung widmet sich dieser Personengruppe insgesamt zu wenig. Arbeitslosengeld ist kein Ersatz, der der spezifischen Lage der Künstler Rechnung trägt. Kultur ist in den Verlautbarungen der Regierung kein Thema. Bundesregierung und Bundestag sind gefordert. Zitat aus dem Artikel im Tagesspiegel:
“Gefordert ist außerdem ein spezieller Kulturnothilfefonds des Bundes, also ein temporärer kulturspezifischer Rettungsfonds, der die Lücken schließt, auch in Richtung auf die kulturellen Einrichtungen, der privaten wie der öffentlichen. Diese vom Deutschen Kulturrat und vom Kulturrat NRW, dessen Vorsitzender ich bin, getragene Initiative ist von der Seite des Bundes bisher ohne positives Echo geblieben. Das ist umso erstaunlicher, als der Bund für Mehrausgaben der einzelnen Ressorts einen Fonds von 60 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat. Bisher ist nicht erkennbar, was davon an die Kultur geht. Wer kämpft im Bundestag jetzt für die Durchsetzung kultureller Belange? Dort gibt es doch einen Kulturausschuss. Warum setzt sich die zuständige Kulturstaatsministerin nicht an die Spitze der Bewegung?“

Soforthilfe für Künstler*innen
Eine auf die besondere Situation von Kulturschaffenden zugeschnittene NRW-Lösung lässt immer noch auf sich warten. Doch sowohl die Wirtschafts- als auch die Kulturminister setzen sich unseres Wissens weiterhin bei der Bundesregierung dafür ein, die Einkommensverluste der Solo-Selbständigen nach dem Vorbild Baden-Württembergs wieder in die Hilfsprogramme aufzunehmen. Mehr dazu hoffen wir nächste Woche zu erfahren.
In Baden-Württemberg erhalten auch Künstler*innen im Rahmen der Soforthilfe einen Betrag von 1.180 Euro pro Monat. Für drei Monate. Aus Mecklenburg-Vorpommern erreichte uns die Information, dass auch dort für die Künstler*innen eine Lösung erarbeitet worden ist: Das Programm ist mit 20 Mio. Euro ausgestattet und sieht u.a. Überbrückungsstipendien für Künstler*innen vor, die nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden.

Wir empfehlen für NRW die Rückkehr zum Verfahren des Wirtschaftsministeriums, wie es vor dem 1.4. praktiziert worden ist. In den bis dahin geltenden Kriterien war der Ausgleich des Einkommensverlusts ausdrücklich auch für die Lebenshaltungskosten mit vorgesehen. Auch sehen wir die Grundsicherung nach wie vor nicht als geeigneten Ersatz. Sie wird – unserer Ansicht nach völlig zu Recht – von den freischaffenden Künstler*innen als Zumutung empfunden.

Zur Position des Deutschen Kulturrats
Wir haben in dieser Hinsicht einen Dissens mit dem Deutschen Kulturrat. Als Vorsitzender des Kulturrats NRW habe ich heute an den Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats Olaf Zimmermann geschrieben:

„Bei allem sonstigen Einvernehmen – wir haben einen Dissens. Ihre Skepsis oder gar Ablehnung länderspezifischer Künstlerprogramme stößt auf Widerstand und Unmut, der uns jetzt laufend erreicht. Ihre beruhigenden Hinweise auf Arbeitslosengeld II teilen wir nicht. Es ist kein künstlerspezifisches Programm und wir vertreten auch nicht eine Branche unter anderen Branchen, wie auch Frau Grütters meint, die nicht einmal sieht, dass die Honorar-Künstler in der Soforthilfe nicht umfasst sind. Kultur- und Wirtschaftsminister bemühen sich zur Zeit um kulturspezifische Lösungen. Erfolgen sie nicht, hat der NRW-Finanzminister ein Ersatzprogramm zugesagt. Wir sind auch der Meinung, dass sich der Föderalismus bewährt hat und man den Ländern zu recht Spielräume einräumt. Kultur ist auch Ländersache. Wir möchten nicht, dass Kritiker künstlerspezifischer Landeslösungen sich auf Sie berufen können. Deshalb bitten wir Sie, Ihre Haltung zu überdenken. Sie stößt auch in Baden Württemberg, wo es eine solche Lösung gibt, auf Unverständnis…“

Offene Briefe von Kulturschaffenden
In den letzten Tagen haben sich viele betroffene Künstler*innen zu Initiativen zusammengeschlossen und in offenen Briefen ihren Unmut kundgetan.
Der Schriftsteller Gerrit Wustmann beispielsweise hat gestern einen von 170 Kulturschaffenden aus NRW unterschriebenen Brief an das Kulturministerium und an die Landesregierung sowie an zahlreiche Medien versandt. Die Unterzeichnenden protestieren gegen den Umgang der NRW-Landesregierung bezüglich der Soforthilfen in der Corona-Krise und appellieren an das Land, notwendige Nachbesserungen vorzunehmen. Der Kulturrat NRW unterstützt diesen Aufruf. Den Brief finden Sie im Anhang.
Eine bundesweite Künstler*innen-Initiative hat in dieser Woche in einem Schreiben an die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien dringend darum gebeten, dass sich Frau Grütters sowohl für die Fortsetzung der Soforthilfe-Programme für Künstler*innen, Kulturschaffende und Solo-Selbstständige einsetzt als auch einen länderübergreifenden Abstimmungsprozess begleitet. Den Brief finden Sie ebenfalls im Anhang.

Neuer Corona-Erlass der Landesregierung und Ausstiegsszenarien
Datiert mit dem 16. April hat die Landesregierung eine „Verordnung zur Änderung von Rechtsverordnungen zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2“ vorgelegt, die unter anderem alle Veranstaltungen weiterhin verbietet und bis zum 3. Mai 2020 gültig ist. Ausnahmen u.a. für Bildungsangebote sind möglich. Auch diese Verordnung hängt unserem Rundbrief an.

Die in dieser Woche skizzierten Lockerungsmaßnahmen beziehen sich explizit nicht auf den Kulturbereich (von wenigen Ausnahmen abgesehen). Wissend, dass bei der schrittweisen Öffnung insgesamt nur auf Sicht gefahren werden kann, mahnt der Kulturrat NRW dennoch an, dass eine möglichst zeitnahe Planung der Lockerung für die Kulturschaffenden und -einrichtungen existenziell wichtig ist. Welche Szenarien sind dabei für kleinteilige Kulturstrukturen zu erwarten? Wie steht es um die gerade vom Karlsruher Verfassungsbericht bestätigte Versammlungsfreiheit?

Telefonische Beratung für Künstler*innen in NRW
Die telefonische Sprechstunde für akute Fragen bezüglich möglicher Corona-Hilfen für Solo-Künstler*innen kommt am kommenden Dienstag (21.04.20) endlich in Fahrt, zunächst als eine Art Pilotprojekt. Weiterreichende Fragen werden an Fachstellen weitergeleitet. Inhaltlich sind folgende Schwerpunkte vorgesehen:
1. Beratung zu finanziellen Soforthilfeprogrammen/Entlastungen.
2. Corona-Krisenberatung zur Vorsorge von negativen finanziellen Konsequenzen (Projektförderung, Fundraising)
Die Sprechzeiten und Kontaktdaten der beiden Berater werden im Laufe des Dienstages auf unserer Website veröffentlicht.

Erlass des Finanzministeriums
Der Erlass des Finanzministeriums vom 1. April zum Umgang mit den Corona-Folgen ist noch nicht endgültig. Eine Arbeitsgruppe des Kulturrats NRW tritt kommende Woche mit einem Vertreter der Landesregierung in einer Telefonkonferenz zusammen, um Unklarheiten zu besprechen und Verbesserungen vorzuschlagen.

 

Mit herzlichen Grüßen
Gerhart Baum
Vorsitzender des Kulturrats NRW

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